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17
Feb.

GEFÜHLE IM BUSINESS. LEBEN ODER LASSEN? (1)

gepostet von Ilka Prinz

Noch immer herrscht in vielen Unternehmen die Meinung vor, dass Gefühle im Business nichts verloren haben. Die Erklärungen dafür sind zahlreich: Gefühle stören bei rationalen Entscheidungen. Gefühle sind Gefühlsduselei. Gefühle zeigen, heißt Schwäche zeigen. – um nur einige zu nennen.

Doch so einfach ist das nicht. Wir können unsere Gefühle nicht einfach vor der Unternehmenstür abgeben. Sie sind da – ob wir es wollen oder nicht. Sie beeinflussen unsere Entscheidungen – egal wie rational wir diese Entscheidungen einschätzen.

Im ersten Teil dieses Gefühle-Blogs widme ich mich den Fragen: Warum sind Gefühle gerade im Business viel zu oft immer noch nicht angesagt? und Wohin mit Gefühlen, die nicht gefühlt werden wollen?

Die Fortsetzung – der zweite Teil – werde ich Ihnen die fünf „großen Gefühle“ vorstellen. Ich werde Ihnen aufzeigen, welches Geschenk sie Ihnen machen möchten. So werden Sie verstehen, dass Gefühle im Business nicht hinderlich sind, sondern förderlich.

Im dritten und letzten Teil meines Gefühle-Blogs zeige ich Ihnen einen Weg auf, wie Sie das Geschenk der Gefühle tatsächlich nutzbar machen und somit einen echten Wert für sich und andere stiften können.

Teil 1:  Warum sind Gefühle gerade im Business immer noch nicht wirklich angesagt?

Meine Hypothese ist möglicherweise etwas provokant, doch es lohnt sich, einmal über sie nachzudenken: Weil die meisten Erwachsenen als Kinder gelernt haben, dass Gefühle zu zeigen, nicht„schick“ ist, schämen sie sich dafür – wobei Scham schon das erste Gefühl ist, das die meisten nicht fühlen dürfen, möchten, wollen. Und weil dies sehr oft der Fall war und Gefühle nicht angemessen gezeigt oder gelebt werden durften, haben es diese Menschen später auch nicht gelernt, mit ihren Gefühlen erwachsen umzugehen. Sie können oder wollen ihren Gefühlen keinen adäquaten Raum geben und sind in alten Umgangsstrukturen gefangen.

(V-)Erlernter Umgang mit Gefühlen

Sie dürfen ruhig weiterlesen, auch wenn ich nun einen kleinen Exkurs in die Kindheit unternehmen werde – keine Angst, Sie müssen sich dazu nicht auf die Couch legen…

Wie ist das bei kleinen Kindern mit den Gefühlen? Kleine Kinder leben ihre Gefühle pur. Wenn sie traurig sind, sind sie traurig. Wenn sie Angst haben, haben sie Angst. Wenn sie Freude empfinden, dann freuen sie sich. Und alle Gefühle werden 1:1 gezeigt. Sie sind traurig? Sie zeigen es. Was hören sie dann von Mama oder Papa? So etwas wie: „Du musst nicht traurig sein.“ oder „Jetzt weine doch nicht.“ Sie haben Angst? Sie zeigen es. Was hören sie? So etwas wie: „Du brauchst keine Angst zu haben.“ oder „Du bist ja ein Angsthase!“ Vielleicht werden sie sogar ausgelacht – im Scherz von den einen oder weniger im Scherz von anderen. Aber da Kinder keine Ironie verstehen, nehmen sie auch das nicht ernst gemeinte Auslachen für bare Münze. Sie empfinden (Vor-)Freude? Sie zeigen es. Was hören sie? So etwas wie: „Freu dich nicht zu früh. Noch ist es nicht soweit.“ oder „Jajaaaaa, nun ist es ja gut.“

Was lernen sie? So etwas wie: „Ich bin falsch, denn ich dürfte jetzt nicht traurig sein.“ oder „Wenn ich meine Angst zeige, werde ich ausgelacht.“ oder „Was ich gerade fühle, ist nicht richtig.“

So werden dann aus kleinen Kindern große Erwachsene. Die Gefühle sind immer noch da, aber auch als Erwachsene wissen sie immer noch nicht, wohin damit oder sind der Meinung, dass dieses gefühlte Gefühl fehl am Platz ist. Was sie wissen, ist, dass ein Indianer keinen Schmerz kennt, dass sie keine Heulsuse oder kein Angshase sein wollen oder dass sie sich über „Lappalien“ nicht übermäßig zu freuen haben und wenn, dann bitte leise.

Was heißt das? Unser emotionales Bewusstsein und unseren Umgang mit Gefühlen erlernen wir in Beziehungen zu anderen Menschen. Besonderen Einfluss dabei haben unsere wichtigsten Bezugspersonen aber auch Menschen, die aus irgendeinem Grund eine andere wichtige Rolle gespielt haben – seien es andere Verwandte, Nachbarn, Lehrer usw. Aus ihren Reaktionen schlussfolgern wir auf unsere eigene Person. Ihre Reaktionen auf uns wie auch ihr Verhalten sind Vorbild für uns und unseren Umgang mit unseren Gefühlen und denen der anderen.

So haben die meisten von uns – und das bitte nicht als Vorwurf verstehen – nicht gelernt, mit ihren Gefühlen umzugehen und schon gar nicht erwachsen damit umzugehen. Ja viele schämen sich sogar für ihre Gefühle– was, wie weiter oben angemerkt ja auch schon ein Gefühl ist. Deshalb wollen sie diese weder spüren noch rauslassen. Das führt dazu, dass die Gefühle zwar da sind, man sich von ihnen jedoch dissoziiert, um sie nicht spüren zu müssen.

Gerade in vermeintlich wichtigen Situationen an wichtigen Orten greift dieser Mechanismus. Und der Arbeitsplatz – dort wo es um Lohn und Brot geht – ist so ein Ort.

Welche Strategien gibt es, um ungeliebte Gefühle nicht zu fühlen? oder Wohin mit dem, was doch da ist?

Ich habe vor einigen Jahren ein sehr einleuchtendes und erhellendes Modell von meiner geschätzten Kollegin Christiane Windhausen kennengelernt, das ich an dieser Stelle gerne an Sie weitergeben möchte.

Da Gefühle beweglich sind, denn sie sind Energie, können wir sie verschieben. Dies geschieht natürlich nicht bewusst. Doch sobald Ihnen diese Tatsache bewusst wird, haben Sie – so Sie das wollen – die Möglichkeit, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wohin Sie die Gefühle verschieben, die Sie nicht fühlen wollen.

Wohin nun mit einem ungewollten Gefühl? Wir können Gefühle in 4 Richtungen verschieben und jeder von uns hat da so seine Präferenzen.

Somatisieren von Gefühlen

Wenn Sie Gefühle bevorzugt somatisieren, dann „drücken“ sie diese in Ihren Körper. Aus Ihren Gefühlen werden körperliche Empfindungen, Schmerzen und wenn Sie lange genug durchhalten auch Krankheiten. Kennen Sie diese Sprüche: „Die Angst lähmt mich.“, „Mir läuft vor Wut die Galle über.“? Somatisierte Gefühle äußern sich in körperlichen Beschwerden: Magenschmerzen, Verdauungsproblemen, Muskelverspannungen, Herzrhythmusstörungen usw.

Rationalisieren von Gefühlen

Sie können Ihre Gefühle auch in den Kopf schieben und aus Ihnen Gedanken machen. Das endet dann in Schuldzuweisungen, Rechtfertigungen, Vorwürfen oder Argumentepingpong.

Dramatisieren von Gefühlen

In diesem Fall wird ein Gefühl in ein anderes verschoben, weil man mit letzterem besser umgehen kann oder bessere Erfahrungen gemacht hat. So kann z.B. Angst in Wut verschoben werden. Um nicht als Angsthase dazustehen, ist man wütend geworden und hat erlebt, dass das Umfeld auf einmal „Respekt“ vor einem hatte. Aus Unsicherheit kann Überheblichkeit werden, weil auch hier in der Vergangenheit damit bessere Erfahrungen gemacht wurden.

Projizieren von Gefühlen

Die vierte Möglichkeit ein ungewolltes Gefühl nicht zu erleben, ist, es auf andere zu projizieren – also ihnen in die Schuhe zu schieben. So wird die Angst vor möglichen negativen Konsequenzen einer (Nicht-)Handlung oder Entscheidung auf die Mitarbeiter, Kollegen, Kinder oder den Partner projiziert, indem etwas gesagt oder getan wird, was ihnen Angst macht. So wird die ungeliebte Scham auf andere übertragen, in dem wir sie beschämen oder ihnen die Schuld für etwas geben. Instinktiv finden Menschen, die gut projizieren können auch ihr angemessenes Gegenüber, das für das jeweilige Gefühl  „empfänglich“ ist.

Fragen für die Entwicklung Ihres Gefühls-Selbstbewusstseins

Bei diesen Fragen soll es zunächst um eine Bewusstwerdung und Entdeckung dieses Themas und Ihrer Einstellungen gehen. Sie dürfen sich mehr und mehr für sich selbst sensibilisieren.

  • Wie wurde in Ihrem Elternhaus mit Gefühlen umgegangen?
  • Welche Parallelen gibt es zu Ihrem Umgang mit Gefühlen heute – mit Ihren eigenen und denen anderer?
  • Wie „beurteilen“ Sie Gefühlsmenschen?
  • In welche Richtung verschieben Sie am liebsten ungeliebte Gefühle?
  • Sind Sie Führungskraft oder leiten Sie sogar ein ganzes Unternehmen? Welchen Platz haben Gefühle in Ihrer Führungs- oder Unternehmenskultur? Und welchen Umgang pflegen Sie mit ihnen?